Was zählt liegt überm Nebelmeer - page 8

HelmutKand
DIE LIEBE BRAUCHTDIENACHT ZUMATMEN
Kand kommt aus der Steiermark, künstlerisch aufgewacht ist er auf der Insel Ios, hinter
einem blühendenAgavenzaun. Die Abgehobenheit vomAlltag in dieser Zone einer Zeit-
losigkeit war lange Zeit der Nährboden, auf dem seine Bilder entstanden, weithin reale
Darstellungen, auchmit verfremdeten Befunden, in denen ein fragiles Inselreich zum Sy-
nonym für die großeweiteWelt wird. Aus der Palette leuchten euphorische, gelborange
und türkisviolette Farbkaskadender Lebensfreude. DieKompositionen laden zumVerwei-
len ein, man kann sie aber auch ohne Verstörung verlassen.
Auffallend ist, dassdiemeistenThemen schlummerndüberwirklichundphantasiebeladen
sind - sichtbar gemachte Innenweltlandschaften, in denenHarmonien undWidersprüch-
lichkeiten in verschieden stark duftendenDosierungen vorkommen.
Gedankenblitze undMeditatives, durch permanentes Reisen exotisch angereichert. Viel
Platz ist für Stimmungen, Erwünschtes, Ausgedachtes, Dahergesagtes, Bilder vor dem
Hintergrund einerWelt, die er auswendig imKopf trägt,
Das Bild-Vokabular ist demBetrachter zugänglichund in einer stark farbigen, hellenund
freudevollenBildsprache. Es sind seismographische Berichte aus seinem Innenleben.
AngetriebenvoneinerWindmühlegrenzenloserNeugierwill erdasPlausiblemalengleich-
zeitigdas Undenkbare, poetisch, charmant, erzählerisch.
Das Nichtvorhandensein von Chronometern und der ereignislose Taghimmel, sowie die
kahlgefegte, nur vom Zikadengegeige verschnörkelte Mittagsstille sind die Gedanken-
buchten, in denen sich seine Tagträume sammeln. Die Insel verschenkt sich nicht am ers-
ten Tag. Irgendwannwar jeder schon da, aber es gibt nicht immer schwarze Flecken, wo
der Teufel gesessen hat: Der Legalitätsinterpreteur, der Zehennägelskulptor, der Harmo-
nieverwalter, der Kapitän von Tirol, der Besitzer des abstürzenden Vogels, die Erdmutter
und ihr Sohn, der zur See fährt, derMotorsägenmann, das Regenbogenzungenmädchen,
Die Dufgierigen, die Spione der Quallen, der Radfahrer mit der Kaktuszunge, Kopfun-
terengel, der Sturzabfederer; manche in erholsamer Unauffälligkeit, Weltpulsfühler und
Kondenstreifenkontrollore von einstmalsweither.
Es war immer das Anliegen der Surrealisten, dieGrenzen zwischenDing- und Traumwelt
aufzuheben. SeinMalstil ist der poetische Surrealismus. Das Sichtbarmachen der Eigen-
dynamik der Träume bei konsequenter Nichteinhaltung von strengen Farbklanggesetzen
undbeabsichtigter Nichtberücksichtigung von bestehenden Sehgewohnheiten.
Cyrus Lekkas
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...164
Powered by FlippingBook