OLEAJE DE LA VIDA - SURREALISMO POÉTICO - page 6

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MEINPOETISCHERSURREALISMUS
Kunst entbehrt deswichtigsten und stolzestenZeichens unserer Zeit:
Sie kennt denFortschritt nicht.
Eswar immerdasAnliegenderSurrealisten,dieGrenzenzwischenDing-undTraumwelt
aufzuheben.„DasSichtbarmachenderEigendynamikderTräumebeikonsequenterNicht-
einhaltung von strengen Farbklanggesetzen und beabsichtigter Nichtberücksichtigung
von bestehendenSehgewohnheiten“.
Es ergeht mir jedes mal eigenartig anstrengend, sollte ich zu meinen Bildern für
hinzugekommene Erstmalsbetrachter etwas sagen, denn dieses „Etwas“ darf kein
Dahergeplätschertes aus Floskeln zu sein, sondern einAufmerksammachen auf meine
gemaltePoesie.
Und schon sindSie eingeladen,mir zu folgen zu verschiedenen, teils nebulosenGrenz-
bereichendesUnterbewußtseins.Und ebendort erfolgt Fortsetzendes, gestaltet sich aus
demVortasten einWeiterleben von viel mehr als bloß angeklungenenMöglichkeiten.
Musikalisch umschrieben – etwa vom Adagio über Kadenzen bis zu polyphonen
Strömungen, schließlich sich auszüngelnden Brandungen. Daneben zerbricht die Zeit
wie eine abgestürzteTurmuhr.
Eswäre sinnlosundden InhaltenderBilder einkonträresBegegnen, schriebeman–wie
somanche Profis – nur über Formales, Farbkombinationen, Zuordnungen und derglei-
chen, stets innerhalb gerade gängiger, branchennaher Gepflogenheiten. Abträglich ge-
nug finde ich zurechtgebogeneVergleichemitWerken säulenheiligerMaler, demzufol-
ge aus einer Punzierungsmanie hervor, nur noch nach demBemessungsgrad vonmehr
oderwenigerEpigonalemdreist gewichtetwird.Demgegenüber beweist dasgedanklich
deltahafte Einmünden und Aufspüren tatsächlicher Kunstanalytiker, was an dem Ge-
schaffenen inFormvonnuanciert Eigenständigemvorliegt.Undmeistens vollzieht sich
dasaußerhalbderScheinwerferkegel lautstarkerTagesbühnen. –Nicht seltenhaben sich
unfehlbar scheinendeKunstpäpste, Pseudokunstpäpste, schillerndbeflisseneKunstkriti-
ker undderenTrabanten, letztlich als fehlbar erwiesen. Einenganz anderenStellenwert
nehmen in dieser veränderlichenMathematik dieKunstmarktstrategen und ihre gesteu-
ertenMedien ein. Sie spielenWettermacher- Barometer, lieber global als kleinörtlich,
und dieKlimaanlagen in denBörsenwerden rechtzeitig umgestellt.
Unfehlbar bleiben allein die wahren Kunstwerke. Sie verändern sich nicht. Und es ist
überraschenderfreulich,wennmanchmal einigewiezufälligesStrandgut entdeckt –und
als kostbare Funde nicht nur an dieWand, sondern auch in denHerzenmeiner Freunde
Geborgenheit erfahren.
Was dem so schwierig bis kaum Sagbaren gewisser Bilder zugrunde liegt, ist die ge-
heimnisvolle, in sich schwingende Poesie, die sich unaufhaltsam ausweitet – und doch
mehrmals wieder zu den Einzelpositionen im Bild heimkehrt. Man kann sagen: Eine
beschwingtePilgerreisefindet statt,weit über dieErdschwerkraft hinaus.Begegnungen,
Erkenntnisaugenblicke und – ein Daran-Verweilen ergeben sich also auch hinter dem
Bildhorizont, lassendiegrundierteLeinwand, ihreUmrahmung, selbst denMaler völlig
vergessen. EineFernhypnose lächelt von irgendwoher –Vergangenheit,Gegenwärtiges
als auchdieZukunft sind eins geworden imBetrachtenden, der sich zusätzlich zu seiner
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